TEC21, 2018, Heft 12-13 / Studienauftrag Stadtraumkonzept HGZZ

Die Suche nach dem Dazwischen

Studienauftrag Stadtraumkonzept Hochschulgebiet Zürich Zentrum HGZZ TEC21, Andreas Kohne
KCAP Architects & Planners mit Studio Vulkan

Der Studienauftrag Stadtraumkonzept Hochschulgebiet Zürich Zentrum ist abgeschlossen. Gesucht war eine «prägnante Leitidee» für das gesamte Gebiet respektive ein «Betriebs- und Gestaltungskonzept» für den Kernperimeter. KCAP Architects & Planners mit Studio Vulkan überführen ihr Siegerprojekt in ein verbindliches Regelwerk.

 

Die drei Institutionen Universitätsspital Zürich (USZ), Universität Zürich (UZ) und Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) planen ihre Zukunft am Standort mitten in Zürich. Der dazu im Rahmen der Entwicklungsplanung ermittelte Flächenbedarf ist mit 315 000 m2 Geschossfläche enorm. Die Ausgangslage in Bezug auf Städtebau, Freiraum und Verkehr ist komplex, was die Weiter­entwicklung des Hochschulgebiets zu einer grossen Herausforderung macht. Das seit 2009 laufende Verfahren mit Masterplan (2014), städtebaulichen Vertiefungsstudien und Gestaltungsplänen wurde von verschiedenen Seiten kritisch aufgenommen und die vorgeschlagenen markanten Neubauten sehr kontrovers diskutiert.  Mit dem Richtplaneintrag und den kantonalen Gestaltungsplänen sind nun die planungsrechtlichen Grundlagen für die Weiterentwicklung des Hochschulgebiets Zürich Zentrum fixiert, und der Rahmen für Architekturwettbewerbe ist abgesteckt.

 

Gesetzte Volumen

Für das Hochschulgebiet erarbeitete man insgesamt sechs kantonale Gestaltungspläne. Die drei ersten, «USZ Kernareal Ost», «USZ/ETH Schmelzbergareal» sowie «UZH Wässerwies», wurden Ende August 2017 durch die Baudirektion festgesetzt, vorbehaltlich der drei eingereichten Rekurse. Die Festsetzung der weiteren, «USZ Kernareal West», «USZ-Kernareal Mitte» und «Gloriapark», erfolgt nach Beschlussfassung des Gemeinderats zur Revision der Verkehrsbaulinien. Für die geplanten Bauten legte man mit den Gestaltungsplänen den maximalen Rahmen in Bezug auf Zahl, Lage, äussere Abmessung sowie Nutzung und Zweck verbindlich fest. Der geforderte Flächenbedarf wurde dabei in abstrakte Volumen abgefüllt und auf dem Gebiet platziert. Das grosse Bild im Sinn einer übergeordneten stadträumlichen Vorstellung für das neue Stadtquartier fehlte allerdings. Vorstellungen zu Atmosphäre, Identität und Qualität des öffentlichen Raums waren bis anhin kaum oder nur ansatzweise auszumachen.

Mit dem Studienauftrag Stadtraumkonzept Hochschulgebiet Zürich Zentrum (HGZZ) suchte das Amt für Raumentwicklung der Baudirektion Kanton Zürich als Auftraggeber und Veranstalter nachträglich ein übergeordnetes Prinzip für den Stadtraum. Es ging dabei um die Klärung und Definition der verschiedenen Freiräume und speziell um die Ausformulierung der Zwischenräume. Mithilfe von Bildern und konkreten Beschrieben sollten die drei nach einer Präqualifikation eingeladenen Teams aufzeigen, wie die Flächen zwischen den späteren Neubauten aussehen könnten.

 

Freiräume verbinden

Das Projekt von KCAP, Studio Vulkan, IBV Hüsler, Fahrländer Partner, mit Christian Salewski und Simon Kretz zeigt mit einem weiten Blick auf das Areal und durch vielfältige stadt- und sozialräumliche Quali­täten den gemäss Beurteilungs­gremium überzeugendsten Ansatz. Der Verkehr wurde als integraler Bestandteil des Stadtraums ver­standen, ohne Dominanz eines einzelnen Verkehrsmittels. Haltestellen ­werden zu adressbildenden Aufent­haltsorten. Zur Vernetzung und Erschliessung des Gebiets erarbeiteten die Planer ein feines System von Wegen und Strassenverbindungen, das die grossen Baufelder gliedert und Porosität und Durchlässigkeit schafft. Das Monumentale der gros­sen Baufelder wird durchbrochen, bis hin zu halböffentlichen Durchwegungen von Gebäuden, vergleichbar mit dem heutigen Schleichweg durch das ETH-Hauptgebäude.

Mit dem einprägsamen, selbst erarbeiteten Vokabular benennen die Planer sieben Freiraum- und sechs Bebauungstypen: Der «Gloriapark» (der heuti­ge Spitalpark) wird zum Herz und zur grünen Lunge des Stadtteils. Er bleibt ein Gartenbaudenkmal und soll mit vielfältigen Nutzungen als Park für das Quartier aktiviert werden. Die sogenannte «Agora» im Bereich des heutigen Parkplatzes wird zur zentralen Adresse und bildet als so­zialer Knotenpunkt den Eingang zum Hoch­schulquartier. Die «Gloriakaskade», die heutige Gloriastrasse, soll eine lebendige, dynamische Zone werden und zum Haupt­eingang des neuen Spitals führen. Entlang der Rämistrasse entsteht eine leben­dige, städtische «Kulturmeile». Die «Sternwartkaskade» (im Plan: Forumskaskade / Verbindung Central) führt vom Central in den Kern des Hochschulgebiets mit dem gemeinsamen Forum als Abschluss. Die «Sternwartstrasse» ist eine neue Längsverbindung für den Langsamverkehr zur Strukturierung des Geländes und wird gleichzeitig Stadtraum mit hoher Aufenthalts- und Bewegungsqualität. Als siebter Stadtraumtyp soll der schon vorhandene «Stadtbalkon» bei den Hochschulen aktiviert werden. Mit seiner prägenden Hanglage und der historischen Vielfalt an Grünräumen soll er zur «Garten­sequenz» werden.

In Bezug auf die Nutzung und deren Verteilung schlagen die Verfasser vor, die Erdgeschossnutzungen nicht im Giesskannenprinzip gleichmässig über das gesamte Areal zu verteilen, sondern punk­tuell zu bündeln. Je nach Tageszeit oder Wochentag entstehen so verschiedene Orte urbaner Dichte.

Die Ergebnisse aus dem Projekt sollen zu einem Regelwerk verdichtet werden. Dieses wird fortan als Guideline für die Umsetzung des Stadtraumkonzepts dienen und wird in die Planungsinstrumente Umsetzungsagenda, Wettbewerbe, Weissbuch und Gestaltungspläne überführt.

 

Grün oder schematisch?

Die beiden weiteren Entwürfe verfolgten gegenteilige Ansätze: Das Planungsteam um Güller Güller architecture urbanism schlug eine vereinheitlichte, durchgrünte Gestaltung des Freiraums vor. Unter dem Titel «Go Green» zeichneten sie ein parkartiges Hochschulgebiet mit einem maximal durchgrünten Stadtraum, wobei letztendlich die Frage nach dem Mass offen blieb.

Das international zusammen­gesetzte Team um Metron Zürich ging dagegen analytischer und syste­matischer vor, wobei verschiedene vorhandene Strukturen weiterent­wi­ckelt wurden – ein Ansatz, der eher als Verharren und als Ansammlung von Einzelinterventionen aufgenommen wurde.

 

Jetzt sind die Architekten gefragt

Nachdem die planungsrechtlichen Grundlagen geklärt und definiert sind, werden die einzelnen Bau­vorhaben nun mittels Architekturwettbewerben konkretisiert. Die ersten davon laufen bereits: Beim mehrstufigen Studienauftrag «USZ Kernareal» für ein neues Spital ­wurden nach der Präqualifikation sieben Teams ausgewählt, die im Januar 2019 ihre Projekte zur ersten Stufe einreichen werden. Auch der Wettbewerb «Forum UZH» auf dem Areal Wässerwies ist als ­einstufiger Projektwettbewerb im selektiven Verfahren nach SIA 142 angelaufen, die Resultate sind Ende 2018 zu erwarten.

Ob es allerdings tatsächlich gelingen wird, mit dem Regelwerk aus dem Stadtraumkonzept eine stadträumliche Idee wie eine verbindende Klammer um all diese Einzelprojekte zu legen, wird sich mit den Resultaten aus den Wettbewerben zeigen und abschliessend erst in Zukunft beurteilen lassen. Bis dahin bleiben es Begriffe, Bilder und Absichten. • Text: Andreas Kohne

Schweizerische Bauzeitung – TEC21, 2018, Heft Nr. 12-13, PDF

© Andreas Kohne